Jürgen Messmer: Manager und Kunstliebhaber

Salli

VON STEFAN PAWELLEK

Wer eine eigene Kunstsammlung besitzt, wer ein Firmengebäude auch unter dem Aspekt plant, dort Ausstellungen veranstalten zu können, wer – trotz heftiger Widerstände seitens der „arrivierten“ Kunstszene den Traum einer eigenen Kunsthalle verwirklicht – der muss nicht nur Kunstfreund sein, sondern auch ein Mensch, der sich durchzusetzen versteht. Jürgen Messmer ist so ein Mensch.
Gibt es aber für den Stiftungsvorstand der „messmer foundation“ und spiritus rector der Kunsthalle Messmer in Riegel, noch etwas, was ihm annähernd so wichtig ist wie Kunst? „Natürlich: ein ordentliches Leben, Zufriedenheit. Glück? Ich weiß nicht – Glück muss man sich verdienen. Zeit! Für meine Vorhaben, zum Lesen, auch wenn ich heute mehr Fachbücher als Belletristik lese. Und, natürlich: Museumsbesuche!“
Musemsbesuche sind eine alte Leidenschaft von ihm: Als Student der Wirtschaftswissenschaften in München stellte er fest, dass es billiger ist, zum Aufwärmen in Museum zu gehen als ins Kino. „Und auch interessanter und spannender“, setzt er mit einem lausbubenhaften Lächeln hinzu. Die beiden Pinakotheken, das Lenbachhaus, die Schackgalerie – eigentlich jeden Ort, wo es Kunst zu besichtigen gab, besuchte der junge Messmer. Und auch später, als Marketingmann der Schreibgerätefirma Rambold besuchte Messmer auf Reisen stets die örtlichen Museen. „Ich bin ein Schnellgeher“, beschreibt er seine Art der Museumsbesuche. „Ich muss erst einmal sichten was da ist und dann, in der zweiten Runde, nehme ich die mich fesselnden Werke genau unter die Lupe!“
Gesammelt hat er immer, doch erst als er die Werke André Evards, eines wegweisenden Schweizer Künstlers der Moderne, der Zeit seines Lebens sowohl figurativ wie abstrakt malte, kennenlernte, brach der „Kunstvirus“ endgültig bei ihm durch. „Ich musste Bilder von ihm haben“, schildert Messmer die Situation, „aber der Händler wollte nur das gesamte Nachlasskonvolut von 700 Arbeiten oder keine verkaufen!“ Messmer ging zu seiner Hausbank in Villingen-Schwenningen und es gelang ihm, einen Kredit zu bekommen. Er lagerte die Bilder in einem Speditionslager ein, hing sie dort auf und fing an zu katalogisieren. Es gelang ihm, einen Freund, Felix Schlenker, deutscher Maler, Grafiker und Objektkünstler, für eine Ausstellung von Evard-Werken in Villingen-Schwenningen zu begeistern. „Es war ein Erfolg, es gab Aufmerksamkeit – aber natürlich drückte der Kredit noch immer!“
Nach einem schweren Schicksalsschlag – seine Tochter Petra, die „beste Tochter, die man sich denken kann“, starb 35jährig an Krebs – verkaufte Jürgen Messmer seine Firma Messmer Pen. „Ich war frei, hatte Geld und Zeit!“, erinnert er sich an diese Phase. Er gründete 2005 die Petra-und-Jürgen-Messmer-Stiftung, heute die messmer foundation: Die gemeinnützige Stiftung ist heute Trägerin der kunsthalle messmer. Sein Freund Professor Roland Doschka, „Kunstprofessor“ und Kurator erfolgreicher Ausstellungen, hatte die Idee ins Spiel gebracht, eine private Kunsthalle zu eröffnen: „Nicht allein für meine Sammlung, sondern um interessante Ausstellungen für alle zu präsentieren und damit Kunst zu fördern!“
Standort sollte Freiburg sein, doch überraschenderweise feindete die örtliche Kunstszene Messmer und seinen Kunsthallenplan massiv an, so dass er, der Angriffe müde, ins nahe Riegel in eine ehemalige Brauerei umzog: Die einstige Schwenkhalle wurde zum modernen Ausstellungsraum, 900m² Fläche, mit perfektem indirektem Licht, modernster Klima- und Sicherheitstechnik, mit 850 m² Skulpturengarten und Platz für eine 2013 eröffnete kommerzielle „Galerie Messmer“ für junge Künstler, Lagerräume und einem Penthaus.
„Als ich anfing, war es schwierig, Bilder für eine Ausstellung zu bekommen. Heute, nach zehn Jahren, öffnen sich die Türen von Museen und Sammlungen erheblich leichter!“ Messmer liebt solche Herausforderungen. Inzwischen kann er auf eine beachtliche Reihe von Publikumserfolgen zurückblicken: Ausstellungen über Marc Chagall, Le Corbusier, Victor Vasarely, Joan Miró, Salvador Dalì, Andy Warhol, Hundertwasser und andere – insgesamt 32 bis heute.
Wie konzipiert er eine Ausstellung? Er plane, neben der Ausstellung, die Jürgen Messmer besonders am Herzen liegt, eine oder zwei pro Jahr auch unter dem Aspekt der Besucherzahl: „Es ist als privater Kunsthallenbetreiber, der nicht auf den Steuersäckel bei seinen Projekten zurückgreifen kann, sicher hilfreich, Unternehmer gewesen zu sein und rechnen zu können: ich kann mir Flops schlicht nicht leisten!“ Ziel jeder seiner Ausstellungen sei, die Besucher so zu begeistern, dass sie wieder kommen. Das ist ihm geradezu beispielhaft bei einem katholischen Frauenverein aus dem Schwäbischen gelungen: Als Messmer sie nach dem Besuch seiner Picasso-Ausstellung fragte, wie es Ihnen gefallen hätte, antworteten die Damen: „Ha, des isch ja gar net so schlimm g’wä – mir kommet wieder!“
Die, die vor zehn Jahren seine Kunsthalle ablehnten, müssen nun, zähneknirschend, akzeptieren, wie Riegel in den Feuilletons stattfindet, wie Messmer-Ausstellungen lobend besprochen, analysiert werden. Zufrieden? „Klar“, sagt er und grinst. Nach Riegel kommen dank der Kunsthalle im Schnitt pro Jahr 40 bis 50.000 Besucher. Für die kleine Gemeinde am Kaiserstuhl eine große Zahl – und ein Platz auf der Landkarte der wichtigen Museen.
Und wie muss man sich das Leben des Privatmannes Jürgen Messmer vorstellen? „Nun, ich lebe mit der Kunst und es kann sein, dass wegen einer Ausstellung mein Wohnzimmer ohne Bilder ist. Aber dann gehe ich die Treppe hinunter, in die Ausstellungshalle, und sehe meine Bilder wieder. Ohne, glaube ich, könnte ich nicht leben!“ Jürgen Messmer – ein Leben mit Kunst!

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