Auf Messers Schneide

Salli

Ein Besuch in der Messerschmiede Kalchthaler in Endingen ist eine unglaubliche Zeitreise.

Rebmesser, Taschenmesser, Säßli

Es gibt wohl nicht viele Messer, die Alma und Ernst Kalchthaler in ihrem Fachgeschäft direkt am Endinger Stadttor nicht im Sortiment führen. Die Kunden kommen von weit her. Nicht nur wegen der großen Auswahl sondern auch weil man hier fachmännisch beraten wird und Ernst Kalchthaler es versteht, den Messern den richtigen Schliff zu geben. Dies passiert wenige Meter entfernt in seiner Werkstatt.
Der blaue Arbeitsmantel und die Baskenmützen sind das Markenzeichen von Ernst Kalchthaler. Man kennt und schätzt den Handwerksmeister in der Stadt und weit darüber hinaus.
Der Familienname Kalchthaler ist seit vielen Jahrhunderten eng mit der Stadtgeschichte verknüpft. Schon bald nach der Einwanderung im 17. Jahrhundert, als sich die Sippe vom tirolischen Kalchtal auf den Weg in den Brerisgau machte und sich in Endingen ansiedelte, erscheint der Name in den Urkunden und Chroniken. Die Vorfahren der Familie engagierten sich in den Handwerkszünften, deren Bruderschaften und hatten gar Magistratsämter in der vorderösterreichischen Stadt inne. Auch die Mutter des bedeutenden Chronisten, romantischen Dichters und Bürgermeisters Franz Michael Kniebühler war eine geborene Kalchthaler und somit eine Vorfahrin. „Alle badischen Kalchthaler stammen von der Endinger Linie ab“, berichtet Ernst Kalchthaler nicht ohne Stolz.

Die Schmiedezunft und deren Meister waren ein hochgeachteter Stand, war deren Arbeit doch Grundlage für die landwirtschaftlichen Tätigkeiten am Kaiserstuhl. Auch die Messerschmiede selbst ist ein Stück Handwerksgeschichte. Hinter der Werkstatttür bekommt man einen seltenen Einblick in längst vergangene Zeiten, die hier förmlich zu spüren sind. Es duftet nach Öl, geschliffenem Metall, Schmiedkohle und Koks.
Die Messerschmiede wurde anno 1875 zwischen äußerer und innerer Ringmauer vom Großvater Adolf Kalchthaler eingerichtet und war vorher im oberen Sigristenhaus am Marktplatz zu finden.
Die Mauerwände sind bis zu zwei Meter dick und die ehemaligen Habsburgischen Schießscharten dienen heute zur Ablage von Werkzeug und allerlei Gerätschaften. Einst wurden hier im Wehrgang für die Kaiserstühler Winzer Rebmesser an der „Esse“ geschmiedet und „ins Heftli“ eingebrannt. Eine Kunst und fast verlorenes Wissen, das Ernst Kalchthaler in der Werkstatt seines Vaters von der Pike auf gelernt hat. Nicht umsonst waren seine Rebmesser weit über die Region bekannt. Sein Refugium ist jedoch keineswegs ein Museum, sondern vielmehr ein Platz, an dem ein wahrer Meister seiner Zunft einem uralten Handwerk nachgeht. Hier werden auch heute noch Schneider- und Rebscheren, Silberbesteck und Stechbeitel wieder in Form gebracht.
„Jedes Messer braucht je nach Herstellung und Verwendung seinen eigenen, individuellen Schliff – sunscht häut’s nit rächt.“
Die Messerschmiede Kalchthaler ist ein Faszinosum. Tauchen Sie mit den Fotografien von Petra Hemmerich ein in ein Kaiserstühler Kleinod.

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